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Countdown
to the Future - Von der Industrie zum Markenmanagement.
Wie die verbrauchten
Symbole einer Stadt durch neue ersetzt werden.
Filmbeispiele ausgewählt
und kommentiert von city.crime.control
(Erschienen
in: Tetrapak (Hg.): "Ready2Capture.
HafenCity - ein urbaner Raum?", b_books, Berlin 2003)
10, 09, 08, 07, 06, 05, 04, 03, 02, 01, Zero. Willkommen im
Space Center. Begeben Sie sich in das Abenteuer interstellarer Reisen
in fremde Galaxien. Nehmen Sie ersten Kontakt zu fremden Lebensformen
auf. Betreten Sie neue Welten und werden Sie Teil des Universums. Die
Erlebnismöglichkeiten in diesem interaktiven Unterhaltungszentrum
sind so unendlich, wie das All selbst. (aus: Space Park
Reklamebroschüre )
Viel Mühe gibt man sich offensichtlich bei der Space Park Development
GmbH?? & Co. KG auf der Suche nach suggestiven Bildern, mit denen
die bevorstehende Eröffnung eines weiteren großflächigen
Einkaufszentrums in Bremen beworben wird. Als einzigartig möchte
man gelten, schon im voraus soll feststehen, dass eine Erfolgsgeschichte
geschrieben wird. Denn endlich scheint eine vermeintliche Marktlücke
geschlossen zu werden: buchbare Ereignisse für die ganze
Familie. Der auf dem Gelände der ehemaligen Werft AG Weser gebaute,
hoch subventionierte Space Park Bremen ist ein sogenanntes
Urban Entertainment Center (UEC). Ein Einkaufszentrum, angereichert mit
den zu Genüge bekannten Versatzstücken der Event-Industrie:
Fast-Food-Erlebnis-Gastronomie, Multiplexkino, Achterbahn und Unterhaltungselektronik.
Die Umwandlung von ausgedienten Hafenarealen in profitable Gewerbeflächen
wird in Bremen, wie zur Zeit auch in Hamburg und anderen vergleichbaren
Städten, begleitet von einer massiv in die Öffentlichkeit getragenen
Imagekampagne. Kennzeichnend für die Strategie Bremens ist allerdings
ein offensichtlicher Minderwertigkeitskomplex, der gerne mit dem Begriff
der nachholenden Modernisierung umschrieben wird. Konkret
drückt sich dies darin aus, dass aus den ohnehin kargen Sozialetats
der Stadt immer neue kostspielige Eskapaden finanziert werden, die in
anderen, größeren Städten vermeintliche Erfolge erzielten.
Bestes Beispiel: das chronisch bankrotte Musical-Theater. Die neu erdachten
Deutungen und Symbole der Geschäftsidee Space Park dominierten
die Diskussion um den städtischen Umgestaltungsprozess so stark,
dass kritische Positionen praktisch überhaupt nicht zu hören
waren. Das Ziel dieser Imageproduktion war und ist die Eliminierung aller
alternativen Vorschläge zur Nutzung dieser Industriebrache schon
auf symbolischer Ebene. Einzig die ursprünglich aus dem Kreis der
DaimlerChrysler?? Aerospace AG stammende Idee zur Lösung des städtebaulichen
Problems soll noch plausibel, durchsetzbar oder sogar denkbar sein. Was
sich nun daran anschließen sollte, ist eine generalstabsmäßige
und höchst kompromisslose Abwicklung des zuvor festgeschriebenen
Projekts. Aber die bisherige Entwicklung bietet wenig Anlass für
Optimismus: Das fehlende Interesse bei potentiellen Mietern für die
Ladenlokale der Shopping-Mall lässt schon für die Eröffnung
Leerstände erwarten. Um diesen peinlichen Moment herauszuzögern,
schiebt die Space Park Management GmbH? den offiziellen Einweihungstermin
seit mittlerweile einem Jahr vor sich her. c3 hat Filmbeispiele ausgewählt,
anhand derer unterschiedliche Aspekte des Umgestaltungsprozesses und der
begleitenden Imageproduktion des Bremer Space Park- Projekts
deutlich werden. Die Filme, die den Wandel von der einstigen Produktionsstätte
für Supertanker zum ersten integrierten Entertainment-Shopping-Center
Deutschlands im Bremer Hafengebiet thematisieren, verweisen dabei
gleichzeitig auf einen tiefgreifenden Paradigmenwechsel, der in Wirtschaft
und Arbeitswelt stattgefunden hat:
Bremen - Strukturwandel einer Hafenstadt
Der Schulfilm, empfohlen für den Geografieunterricht, Sekundarstufe
1, zeigt am Beispiel der alteingesessenen Arbeiterfamilie Saewicke exemplarisch
Bremens Wandel von der Hafen- und Schwerindustrie zu einem modernen Wirtschafts-
und Technologie- Standort. Vater Saewecke arbeitete in der dritten Generation
in der Bremer Traditionswerft AG Weser, bis er 1982 nach achtzehnjähriger
Tätigkeit entlassen wurde. Durch den Abbau von Arbeitsplätzen
sollte die norddeutsche Schiffsbauindustrie vor dem drohenden Niedergang
bewahrt werden, der sich seit der Ölkrise Anfang der 70er Jahre abgezeichnet
und trotz diverser Rettungsmaßnahmen bis Anfang der 80er Jahre noch
beschleunigt hatte. 1990 sieht Familie Saewicke eine N3-Doku von 1976
über die AG Weser, in der der Vater an seinem damaligen Arbeitsplatz
zu sehen ist. Wie fühlst du dich nach fünfzehn Jahren,
wenn du die Bilder siehst?, fragt der Sohn den Vater. An und
für sich ein bisschen traurig, antwortet der. Der sentimentale
Blick auf das ausgelaufene Arbeitsmodell fordistischer Prägung markiert
den Übergang zur postindustriellen Gesellschaft. In der zweiten Hälfte
des Films wird der Sohn auf seiner Suche nach einem Betriebspraktikumsplatz
begleitet: Bilder von Daimler-Benz, dem neu entstehenden Technologiepark
rund um die Universität und MBB ERNO Aerospace sollen Bremens erfolgreiche
Entwicklung zu einem zukunftsorientiertem Wirtschaftsstandort präsentieren.
Umbruch und Flexibilisierung einer veränderten Arbeitswelt werden
an Vater Saewicke vorgeführt. Aufgrund seiner Qualifikation kann
er weiterhin in seinem Ausbildungsberuf arbeiten. Anstelle der Aussicht
auf eine lebenslange Betriebszugehörigkeit, mit der er seinen beruflichen
Werdegang begann, muss er jedoch häufige Arbeitsplatzwechsel in Kauf
nehmen. Schlussbild: Familie Saewicke nach einem Einkaufsbummel im innenstadtnahen
Grünstreifen mit Blick auf die alte Mühle. Spätestens in
dieser Endsequenz, in der sich Bremen als eine schöne und lebenswerte
Stadt generiert, überführt sich der Unterrichtsfilm als sozialdemokratisch
gefärbter Werbefilm für Bremen.
Von den Menschen fordert der Strukturwandel in der Zukunft wohl
die Bereitschaft, flexibel zu sein und Mobilität zu zeigen.
Ich habe zwar einen Arbeitsplatz, aber ich habe in der Zwischenzeit
viele Arbeitsplätze gehabt.
Ich bin auch der Meinung, dass die Maschinen zum Menschen kommen
sollen, und nicht, dass der Mensch zu den Maschinen geht.
Im Land Bremen liegt die Arbeitslosigkeit bei 13%, die Lebensqualität
wird dennoch als hoch eingeschätzt.
Zitate aus: Bremen Strukturwandel einer Hafenstadt 1991, 15
min., FWU Institut für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht,
Produktion: Ulrich Bock Film
Günther Hörmann: Der Untergang der AG Weser
Der Film begleitet das Ende der Bremer Großwerft AG Weser. Im September
1983, kurz vor der Wahl zur Bremer Bürgerschaft, besetzen die Arbeiter
das Werftgelände, um im Wahlkampf für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze
zu intervenieren. Die SPD gewinnt trotz ihrer Regierungslinie für
den Abbau der Schiffsbaukapazitäten mit absoluter Mehrheit; einen
Tag nach der Wahl wird die Besetzung abgebrochen. Am 31.12.1983 wird die
Werft geschlossen, über 2000 Arbeiter werden arbeitslos. In Rückblicken
mit historischen Filmaufnahmen wird die Geschichte und Entwicklung der
AG Weser bis zum endgültigen Zusammenbruch der norddeutschen Schiffbauindustrie
Anfang der 80er Jahre erzählt.
1963: Die AG Weser spezialisiert sich auf den Bau von Großtankern.
In Gröpelingen sollen Schiffsgiganten gebaut werden, wie sie die
Welt noch nie gesehen hat.
Aber für solche Riesenschiffe gibt es keine Käufer. Spezialisierung
auf Supertanker: eine Fehlspekulation. Die Rettungsversuche für die
AG Weser seit 1978 Personalabbau, Lohnsenkung, Umrüstung auf
eine mittlere Werft schlagen fehl.
Zitate aus: Der Untergang der AG Weser 1984, Radio Bremen, Unter deutschen
Dächern, Sendung vom 27.Mai 1984, http://www.radiobremen.de/tv/daecher/027.html
Harun Farocki: Die Schöpfer der Einkaufswelten
Der Dokumentarfilm zeigt Konsum-Designer bei ihrer Arbeit: In Meetings
und Workshops beraten Architekten, Investoren, Stadtentwickler, Marketing-Experten
und Verkaufs- Psychologen die Planung und Gestaltung von Shopping Malls
und Einkaufszentren bis hin zu der umsatzträchtigsten Plazierung
von Brot im Regal Marketing als kreativer Akt mit dem Ziel der
Profitmaximierung durch optimiertes Einkaufsverhalten. Ebenso banal wie
subtil werden die KonsumentInnen? manipuliert: Backwaren und Parfum an
den Ein- und Ausgängen fördern die Kauflust, Blicke werden gelenkt
und Wege geleitet. Stadt wird inszeniert und strukturiert nach Maßgabe
der bestmöglichen Verbindung von Läden, Warengruppen, Produkten
und Kunden. . Die Plastiksäulen sollen einen guten Übergang
von der Miami-Vice-Atmosphäre in der Randzone zur Mittelmeerstimmung
beim Griechen transportieren. . Die Füße gehen
nur dorthin, wo die Augen schon waren. Die Stadt ist nicht
Gegenstand des Experimentierens. Wer Visionen hat, soll auf die Wiese
gehen oder in die Psychiatrie.
Zitate aus: Die Schöpfer der Einkaufswelten. Video 2001, 72 min.,
Harun Farocki Filmproduktion, http://www.farocki-film.de/vertr.7.html
futur_perfekt Videoarchiv
Im Rahmen eines Ausstellungsprojekts der Hochschule für Künste
in Bremen wurden Interviews mit Verantwortlichen aus Politik und Wirtschaft
geführt, die auf unterschiedlichen Ebenen in den Planungsprozess
des Space Park-Projekts involviert waren. Der Film ist ein
Zusammenschnitt der Gespräche und wurde während der Ausstellung
futur_perfekt: SpaceParkzeit? abgelaufen in der Galerie der
Gesellschaft für Aktuelle Kunst (Bremen) gezeigt.
Space Park repräsentiert Urbanität, Space Park stärkt
die Rolle Bremens als Oberzentrum in Nordwestdeutschland, Space Park bedeutet
eine Attraktivitätssteigerung für den Standort Bremen.
(Wolfgang Wilke, Space Park Development GmbH?)
Mit dem Niedergang der AG Weser 1983 ist mitten in der Stadt eine
Freifläche entstanden, die sicherlich neue Impulse braucht. Ob das
nun der Space Park sein muss, steht auf einem ganz anderen Blatt
(Bernd Peters, Ortsamtsleiter im Bremer Westen)
Hinter vorgehaltener Hand haben ja fast alle Senatoren gesagt,
dass der Space Park Unsinn ist. (Ulla Luther, ehem. Bau-Staatsrätin
im Bremer Senat)
Eigentlich müssten die Städte bei der Planung solcher
Projekte die Entsorgung gleich mit einkalkulieren. (Ulla Luther)
Bremen betreibt in vielerlei Hinsicht eine nachholende Modernisierung,
d.h. wir springen auf Züge auf, die anderorts schon längst abgefahren
sind. (Helga Trüpel, Bürgerschaftsabgeordnete Bündnis
90/ Die Grünen)
Zitate aus: futur_perfekt Videoarchiv. Video 2000, 40 min., Kontakt:
mailto:c3@citycrimecontrol.net,
http://www.gak-bremen.de/space.htm
Video der Space Park Bremen Ausstellung
...ein Erlebnisvideo mit realen Bildern und Animationen,
Galaktische Visionen für alle! verspricht der Flyer für
die Space Park Bremen-Ausstellung in Nachbarschaft der größten
Baustelle des Nordens. Auch der dort eigens zur Präsentation
des Videos eingerichtete Kinosaal generiert ein vielversprechendes Unterhaltungserlebnis.
Theatralisch eingestimmt auf den Blick in die Zukunft wird
zu Beginn mit Richard Strauß Also sprach Zarathustra,
Op.30, bekannt aus Kubricks 2001 Odyssee im Weltraum.
Zur Musik gleitet das Space Center, der Themen-Entertainment-Bereich und
somit das erklärte Herzstück des Space Park, raumschiff-gleich
durch das All, nähert sich der Erde und fügt sich passgenau
ins hellerleuchtete Space-Park-Areal. Was folgt, wirkt umso profaner:
Bilder diverser Shopping Malls, aus Übersee und vom CentrO? Oberhausen,
von glücklichen Kindern, strahlenden VerkäuferInnen? und unzähligen
KonsumentInnen?, garniert mit hausgemachten Animationen, die neben
dem Vokabular, das weiterhin allerlei Galaktisches in neuen Dimensionen
und Erlebniswelten verspricht für das zukunftsweisende Sci-Fi
Ambiente sorgen sollen.
ca. 14 min., zu sehen in der Space Park Bremen-Ausstellung, Lichthaus
Gröpelingen, Use Akschen 4, Bremen Öffnungszeiten: freitags
12 bis 18 Uhr, samstags 11 bis 15 Uhr www.space-park-bremen.de
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